Der Brudermord des Freiherrn von Spiering auf Fronberg

Insgesamt vier Autoren haben sich bisher dieses Themas angenommen und über die Ereignisse im Hause Spiering berichtet. Bevor der Autor versucht das Ereignis aufzuklären, sollen die bisherigen Autoren zu Wort kommen.

Professor Carl Cleska veröffentlichte 1850 im Collecaneen-Blatt für die Geschichte Bayerns, insbesondere für die Geschichte der Stadt und des ehemaligen Herzogtums Pfalz-Neuburg auf Seite 56 und 57.
Soviel wir wissen und wie es von ihrer nächsten Umgebung durchaus bestätigt wird, lebten beide Ehegatten in vollkommener Eintracht und glücklich miteinander. Da kam im Jahre 1652 dessen jüngerer Bruder, Wolfgang Wilhelm, 27 Jahre alt, zu seinem Bruder, dem k. Landrichter auf Besuch und mit einem Mal scheint der Friede aus dem Hause gewichen. Der Landrichter, mit seinem Bruder eifernd, glaubt seine Frau, welche sich wegen des Besuchs mehr als sonst putzen mochte, im Einverständnis mit demselben, und ersticht ihn in einem Anfall von Eifersucht eines Morgens im Bette. Die Obduction ergab, daß von den 4 beigebrachten Stichen einer tödlich war. Das Mordinstrument, ein Hirschfänger, hing früher im Wohnzimmer, und nach der eidlichen Aussage des Kindermädchens war Tags vor der That die Scheid davon plötzlich zu Boden gefallen, was die Anwesenden in nicht geringen Schrecken versetzte.
Nach dem Ergebnis der ganzen gerichtlichen Untersuchung, welche noch vorhanden, waren der Bruder sowie die Frau ganz und gar unschuldig; auch hatte der Landrichter früher nicht den entferntesten Grund zur Unzufriedenheit.
Mit noch rauchendem Hirschfänger stürzt der Brudermörder in das Schlafgemach zurück, wirft ihn mit den Worten: „Weib, das hast du getan“, auf ihr Bett und eilt davon. Sogleich ließ er seine Pferde satteln, versah sich mit Geld und ritt trotz der fußfälligen Bitten seiner Gattin und Kinder von dannen.

Anton Paulus schreibt 1856 in der Chronica Burglengenfeldensis, erneut 1996 veröffentlicht von Dr. Margit Berwing-Wittl in Burglengenfeld: Die Geschichte der Stadt und ihrer Ortsteile, Seiten 52 und 53.
Landrichter von Spiering besaß eine sehr schöne Frau, welche durch des Gatten Neigung zur tätlichen Eifersucht sehr viel zu leiden hatte. Es war wohl auch ein Mann von männlicher Schönheit, doch war er darin übertroffen von seinem ihn oft besuchenden jüngeren Bruder, der zur selben Zeit Domherr zu Regensburg war. Ob dieser ihn aus reiner Bruderliebe sooft besuchte und diese seine Besuche jedesmal solange ausdehnte, kann wohl nicht vertreten werden. Doch spricht die Volkssage die Frau Landrichterin von jeglicher Schuld frei. Ihr Gemahl mußte den Tag über natürlich auch sein Geschäftszimmer besuchen, wozu ihm vom gemeinsamen Wohnzimmer aus, durch eine Tapetentür schreitend eine in den ersten Stock hinabführende Stiege führte.
Als nun während der Beschäftigung des Gatten der Herr Bruder als Gast die Verpflichtung übernahm, die ihm verwandte Dame des Hauses zu unterhalten, ist gewiß natürlich, und ebenso natürlich scheint das Zutrauen dieser Frau, wenn sie in solchen Stunden ihren Herrn Schwager die Leiden ihres Herzens mitteilt.
So war es denn einmal, daß sie, mitteilend gestimmt, während der Abwesenheit ihres Gatten gegen den jungen schönen Domherrn sich sehr über des Ersteren Neigung zur Eifersucht beklagen, und diese aus dem Herzen unter Tränen vorgebrachten so dringenden Klagen hatte den jungen Mann so schmerzlich berührt, daß er voll Mitgefühl auf die Knie sank und unter vielen auf die ihm überlassene Lilienhand gedrückten Küsse sie auf bessere Zeiten – wahrscheinlich meinend, die Zeiten der Besserung seines Bruders, vertröstete. In diesem Zimmer, über der Tapetentür befand sich ein vergittertes Fenster, welches die vorbesprochene in das Geschäftszimmer des Herrn Landrichters führende Treppe ein wenig beleuchtete, und was barg dieses Fenster?
Der auf den Bruder schon längst eifersüchtig gewordene, Untreue argwöhnende Gatte war nicht im Arbeitszimmer, sondern belauschte, sich auf einen höheren Gegenstand stellend, durch dies Fenster diese rührende Trostgruppe und, nachdem er genau gesehen, wenn auch nicht richtig genug aufgefaßt hatte, stieg er herab und ging – nicht in das Zimmer, um diese Mitteilung zu stören, sondern wieder scheinbar ruhig in die Kanzlei, dort einen Plan brütend, der seit dem Bestehen der Burglengenfelder Mauern vielleicht die gräßlichste Tat geschaffen; denn um Mitternacht, als der Herr des Hauses mit Recht alles im Schlaf gewiegt wähnte, schlich er von der Seite seiner süß träumenden Gattin, und ging mit einem Degen bewaffnet in das unverschlossene Schlafzimmer des Domherrn /: über drei Stiegen hoch rechts gelegen, derzeit Arbeitszimmer des Justizbeamten :/ und sandte den schlafenden Bruder in die Ewigkeit, indem er ihm die Waffe durch die Brust stieß. Es sah ruhig zu, wie er im Blute sich wälzte und dann verschied, die Tat, sie war vorüber, doch nicht die Rache; denn gierig wie ein Henker griff er dem Entseelten unter die Schulter und schleppte ihn herab die Stiege vor die Tür des eigenen Schlafgemachs, und trug ihn so zum Bette seiner Frau. Sie schlief noch so gut, die Träumende, wie er sie eben verlassen.
Er sah es teuflisch lächelnd und schleuderte den toten Körper der Erwachenden in die erschreckten Arme mit dem Ausruf: „Hier Weib hast du deinen Buhlen“.
Nicht weiter erzählt die Fama ob und wie er hinieden sei bestraft worden, doch ging viele Jahre nachher eine entfesselte Seele, besonders vor den Nächten vor Pfingsten, um welche Zeit diese Tat geschehen sein soll, in den oberen Gemächern der Landgerichtskanzlei umher, mit Kettengerassel, um die Tat zu sühnen ...

Dr. Georg Hubmann schreibt 1865 in seiner Chronik der Oberpfalz, I. Band, 1. Chronik von Schwandorf, Seite 104:
... der Landmarschall Wolfgang Adrian von Spiering auf Fronberg. Dieser Spiering war verehelicht mit Susanna, einer geb. Freiin von Thurm, lebte glücklich mit ihr und erzeugte mit ihr mehrere Kinder. Als aber sein Bruder Wolfgang Wilhelm 1652 zu ihm auf Besuch kam und ihm Anlaß zur Eifersucht gab, ging er mit einem Hirschfänger auf diesen und ermordete ihn. Darauf nahm er die Flucht und starb 1661.

Joseph Pesserl schreibt 1866 in der Chronik und Topographie von Schwandorf in den Verhandlungen des Historischen Verein für Oberpfalz und Regensburg, Seite 371/2:
Wolf Andrian von Spiering, bei dem sich sein Bruder Wolfgang Wilhelm 1652 im Schlosse zu Fronberg auf einem Besuche befand, ließ sich in einem Anfalle von Eifersucht verleiten, denselben mit einem Hirschfänger zu erdolchen.

Nach diesen zum Teil höchst unterschiedlichen Aussagen begann die Suche nach der tatsächlichen Geschichte, der Versuch der Rekonstruktion der Tat. Nur ein Autor hat seinem Bericht eine Quelle angefügt. Carl Cleska schreibt: nach dem Ergebnis der gerichtlichen Untersuchung - im Neuburger Archiv. Nun sind seit dem diese Zeilen geschrieben wurden mehr als 150 Jahre vergangen. Dabei auch zwei Kriege, in denen der Verlust von viel Archivgut zu beklagen war. So begann eine abenteuerliche Suche nach dem Verbleib dieser Akten.

Zunächst begann die Suche in Archiv des Collecaneen Blattes selbst. Leider ohne Erfolg. Das selbe Ergebnis brachte die Suche im Stadtarchiv Neuburg an der Donau. Das Staatsarchiv Neuburg wurde leider vor kurzem aufgelöst und seine Bestände entsprechend der thematischen Zugehörigkeit auf andere Archive verteilt. Die Gerichtsakten wurden an das Staatsarchiv Augsburg abgegeben. Aber auch dort blieb die Suche ohne Erfolg. Nach einem längeren Gespräch in Augsburg ein erneuter Hoffnungsschimmer. Freiherr Wolfgang Adrian von Spiering war Landtagsabgeordneter und Landrichter, also ein Staatsbeamter. Für Beamte wurde im allgemeinen eine Personalakte angelegt. Diese Akten gab man ins Hauptstaatsarchiv München ab.
In München wurde man schließlich fündig. Es handelt sich um einen Akt unter der Signatur: Personenselekt Karton 416 Spiering, Pfalz-Neuburg. In dem 119 Seiten starken Aktenbündel ist unter anderem eine Niederschrift über die Zeugenanhörung nach dem Brudermord. Alle weiteren Ausführungen beziehen sich nun auf dieses Protokoll mit Ergänzungen und Übersetzung in den heutigen Sprachgebrauch. Damit sollen die kriminalistischen W-Fragen – wann, wo, wer, wen, wie und warum – geklärt werden.

Am 4. Dezember 1652 [Mittwoch] traf sich in der fürstlichen Kanzlei in Burglengenfeld eine Kommission zur Zeugenbefragung – eidliche Aussage. Der Vorsitzende war Veith Philipp Sauerzapf zu Schönhaus, Pfleger zu Beratzhausen– der spätere Nachfolger von Wolfgang Adrian von Spiering. Ferner Rudolf Haber, Castner und dessen Sohn Wolf Wilhelm Haber, Johann Ludwig Zeller, Landgerichtsschreiber, Bürgermeister Georg Zierl von Burglengenfeld und Heinrich Türnlhert.

Als erster Zeuge wurde Sixt Weißmayer, geboren in Lengenfeld, 28 Jahre alt, vernommen. Er gab an nicht im Hause gewesen zu sein, sondern in seinem Haus. Es wisse nichts anders als ihm die Frau Landrichterin gesagt hat, daß ers aus Eifer tat. Im übrigen hat er, seit er in Diensten ist, nie etwas bemerkt, daß die beiden Brüder noch der gnädige Herr und seine Gemahlin in Unfrieden miteinander gelebt hätten.

Als zweiter Zeuge wurde Hans Horn, geboren in Vilshof, 21 Jahre alt, vernommen.
Er ist seit zwei Jahren Jäger im Dienste des Landrichters und auf der Pirsch gewesen. Im Heimgehn hats ihm der Hüter erzählt. Die Ursache habe ihm der Hüter nicht erzählen können, denn des abends vorher haben die beiden Brüder miteinander gegessen. Danach sind sie in Frieden voneinander gegangen und jeder habe den anderen eine gute Nacht gegeben und er habe den jungen Herrn dann Schlafen geleicht. Es wisse keine andere Ursach, als das gemeine Geschwätz, daß es der Frauen willen geschehn sei.

Als dritter Zeuge wurde Jacob Schmidt, geboren in Lechhausen, 24 Jahre alt, vernommen.
Er ist Gärtner im Dienste des Landrichters und ist im Haus gewesen. Er war in seiner Kammer und wollte in die untere Stube gehen, da hat die Frau zu ihn gesagt, er soll ins Stüberl gehen und sehn, ob Herr Wolff Wilhelm noch lebt. Er und die Köchin sind hinauf, doch Herr Wolff Wilhelm war schon Tod. Danach ist er wieder hinabgegangen und hats der Frau gesagt, welche hernach noch mehr geschrien. Der Herr Landrichter war in seiner Stube und der geistliche Herr Manderus war bei ihm. Danach ist der Landrichter in den Stall gegangen. Die Frau Landrichterin hat die Kinder und die Kindsmägde hinabgeschickt, sie sollen einen Fußfall tun, damit er bleibe. Der Landrichter hat sie jedoch fortgeschafft. Im übrigen sagte der Gärtner, er habe nie etwas von einer Uneinigkeit zwischen den Herrn gehört noch gesehn.

Als vierter Zeuge wurde Georg Rauschinger, geboren in Regen bei Regensburg, 20 Jahre alt, vernommen. Er ist zur Tatzeit in Untersdorf gewesen, habe nichts gehört und gesehn und könne nur sagen, daß alle allzeit friedlich miteinander gelebt haben.

Als fünfter Zeuge wurde Hans Weinmann, geboren in Landshut, 32 Jahre alt, vernommen. Er ist Fuhrknecht und habe zur Tatzeit Holz nach Untersdorf gebracht. Er könne nichts sagen als daß er niemals etwas von einigem Zank gehört habe und sich alle allzeit einig waren.

Als sechter Zeuge wurde Virgil Strau, geboren in Landshut, 20 Jahre alt, verhört. Er ist Mittelknecht und hat den Sommer über die Fohlen geführt. Es ist erst abends um 7 Uhr heim kommen, war beim Botenlaufen nach Amberg.

Als siebter Zeuge wurde Margareth Ziehmann, geboren in Berching, 50 Jahre alt, vernommen. Sie ist seit 3 Jahren Dirn im Dienste des Landrichters. Sie sei in der Küche gewesen um etwas zu holen und habe gesehn, daß der Herr Landrichter hinaufgegangen ist und später auch der geistliche Herr Manderus. Sie habe nichts gehört oder gesehn, als daß später die gnädige Frau in der unteren Stube gesessen sei und die Händ ineinander gewunden hat. Sie hat sich nichts fragen trauen. Sie habe nie von einen Unwillen oder Eifer zwischen den Brüdern gehört oder gesehn auch nicht, wenn der Herr Landrichter nicht zu Haus gewesen ist. Der gnädiger Herr ist nach verrichter Tat im Hof herum gangen und sie hat ihn weinend zugeschrien: „O gnädiger Herr nie hat mich Gott fallen lassen.“ Er hat ihr aber nicht geantwort, sondern in den Himmel gesehn.

Als achter Zeuge wurde Barbara Fischer, geboren in Krachenhausen, 24 Jahre alt, vernommen. Sie ist Viehmagd und nicht daheim gewesen, sondern mit dem Knecht Linward nach Stech gefahren. Sie habe nichts von Eifer, Zank oder sonstiger Uneinigkeit gesehn oder gehört.

Als neunte Zeugin wurde Maria Loichinger, in Straubing geboren, 24 Jahre alt, vernommen. Sie ist seit Lorenze [10. August] Köchin im Dienste des Landrichters. Sie habe Holz hinaufgetragen und gesehn, daß der Herr den Gang und die Stiege mit einem Degen hinauf ist. Sie habe sich davon kein Bildnis machen können. Die Frau hat ihr befohlen hinaufzugehn, aus Furcht und Scheck habe sie sich geweigert bis der Gärtner mit ihr gegangen ist. Sie habe gesehn, daß der Herr Wolff Wilhelm schon tot gewesen ist. Sie wisse von keinem Eifer, oder Streits auch nichts Unrechts gesehn oder vernommen.

Als zehnte Zeugin wurde Catharina Rumpl, geboren in Amberg, 24 Jahre alt, vernommen. Sie sei Kindsmagd und in der Kindsstube gewesen. Sie habe den Kindern Muß gegeben und die Frau sei hinaus geschrien und geweint und hinunter in die untere Stube. Sie ist mit den Kindern der Frau gefolgt und hat nichts gewußt, bis es ihr die Köchin erzählt hat. Ehe das Unglück gekommen, habe der Herr ihnen einen guten Morgen geben und wieder aus der Kindsstube hinaus gegangen. Als der Herr hinweg geritten ist, ist sie mit den Kindern in den Hof gegangen, aber bald wieder hinweg gegangen, da sie die Kinder nicht leiden sehn wollte.

Als elfte Zeugin wurde Maria Zuchhammer, geboren in Mannheim, 45 Jahre alt, vernommen. Sie ist Amme und habe den Kindern zu Essen gegeben, als der Herr hineingekommen ist und den Kindern einen guten Morgen gegeben hat, was er sonst nicht getan hat. Der Degen ist an der Wand gehangen bei der Tür, und vor etlichen Tagen ist dreimal die Scheid davon gefallen. Sie ist darüber unwillig gewesen und die anderen haben gesagt, sie tuen nichts, die Scheid falle von selber vom Degen. Sie habe von der Tat nichts gewußt, bis es ihr die Köchin gesagt hat. Dann ist sie mit den Kindern in den Hof gegangen und als der Herr habe aufsitzen wollen, habe dieser sie hinweg geschickt. Sie kenne die Frau seit Jugend auf und habe nichts unrechtes oder Leichtfertigkeit bemerkt, auch die Zeit hier nicht das wenigste bemerkt noch gesehn noch von Eifer, Unheil oder Zank gehört.

Als zwölfter Zeugen wurde eine Kommission vernommen, bestehend aus Hans Bringer, Bader und Wundarzt, dann Georg Zierl, Verordneter Wundschauer, die den entleibten Körper besichtigt haben. Sie befinden, daß zwar vier Stichwunden davon drei auf der linken Seite in die Brust durch und durch gingen, keiner davon jedoch tödlich war. Doch sei einer tödlich bei der Herzkammer, wodurch das Herz lediert worden sei. Die Hand sei auch verschnitten und etliche Schnitt außen am Leib gefunden, aber keiner davon tödlich und vermutlich im Kampfe geschehn.

Als dreizehnter Zeuge wurde Herr Manderus, des Landrichters Hofmeister und Canonicus des Stifts St. Moritz in Augsburg, vernommen. Er gibt an, daß solange er hier ist, sich alle stets einig und friedlich miteinander waren. Am vergangenen Donnerstag ist der Landrichter nach Schmidmühlen geritten und hat Ehafft gehalten. Er hat ihn gefragt, ob er mitreiten möchte, aber da er ihn nicht brauchte hat ers abgeschlagen. Der Bruder Wolff Wilhelm sei aber mitgeritten. Des Abends sind sie zeitig wiedergekommen und haben danach ein Brett miteinander gespielt. Der Landrichter hats gewonnen und ist in sein Büro gegangen. Inzwischen ist es Essenszeit geworden. Die Frau ist in der Kindsstuben geblieben. Sie hätten miteinander gegessen, und ein gutes Gespräch gehabt. Nach vollendeter Mahlzeit sind sie friedlich voneinander geschieden und der Landrichter habe ihnen Geleit gegeben bis zur Stube und einander gute Nacht gewünscht. Dann ist er zur Ruh gegangen und hat nichts gehört. Am Freitag Morgen, als es Tag wurde, stieg der Landrichter zu ihm in die Kanzlei, an sein Bett und hat angefangen zu reden: Mein Gott nun hab all mein Glück genommen, mein Bruder hat mein Frau gebuhlt. Er antwortete: Man müsse nicht solche Gedanken machen, ohne gewissen Grund. Darauf der Landrichter: Er wisse es wohl und seine Frau werde es auch nicht leugnen. So ist der Landrichter schnell wieder von ihm gegangen. Er habe sich darüber Gedanken gemacht, dann in aller Eil aufgestanden und halb angezogen, nur in Hosen und kein Strumpf und ihm nachgefolgt. Und wie am Gang gekommen, hat er Getös gehört und darauf in Herrn Wolff Wilhelms Zimmer gelaufen. Der Landrichter sei ihm entgegen gekommen, er jedoch in die Stubn hinein gangen und den Herrn im Blut liegen sehn und noch Leben in ihm verspürt. Ihm gütigen Gott geben und christlich zugesprochen und den Vater unser nicht lang gesprochen ist er verschieden. Darauf ist er hinab zum Landrichter in die Stube, welcher darin hin und her gegangen und gesagt: Was haben Euer Gnaden getan, der Bruder ist tot. Er geantwortet: Sey wegen der Frauen geschehn. Wisse, daß er sie gebuhlt habe und habs an ihrer Haub gefunden. Er wolle nach Düsseldorf zu seiner Durchlaucht und alda Recht stehn. Worauf er dann eilend fort geritten ist. Weiteres wisse er nicht zu sagen, hat nichts verspürt oder vernommen von einigem Mißtrauen oder Unwillen.

Nachdem alle Verhöre abgeschlossen waren hat sich Sixt Weißmeier nochmals gemeldet und gibt folgendes an:
Nachdem der gnädige Herr schon weg gewesen, hat er die gnädige Frau befragt, was doch die Ursache für diese Tat sein möchte. Sie antwortete: Daß Gott erbarm meiner, Weißmeier, aber ich weiß nichts anders, als vor drei Wochen, hat er für das kleine Fräulein ein kleines winziges Negerlein in die Stube gebracht, woüber ich sehr erzürnt, daß man dem Kind solches Ding lasse, könnte leicht Schaden davon bekommen.
Nun kürzlich mit Herrn Wolff Wilhelm ihrem Schwager gespielt und ihr Herr auch dabei gewesen. Sobald das Spielbett weggeschoben und aufgehört zu spielen, sey sie aufgestanden und in die Kindstube gangen. Der gnädige Herr nachgegangen in die Kindstube und gefragt, was er für ein Anliegen habe. Er, über diese Mißtreu hochgestauffet. Sie, angefangen zu sagen, es schmerzt mich daß mein Schatz solch Mißtreu in mich seh. Wann mein Schatz nicht leiden kann, daß ich mit seinem Bruder, meinen Schwager, gern red und mit ihm gebührlich umgeh, so soll es sag mein Schatz. Ich will es wieder lassen.

Wenn der Herr donnerstags nach Schmidmühlen wegen der Ehafft und sein Bruder Wolff Wilhelm mit gewesen, hat sie gedacht, weil er vor nachts nicht wiederkomme, wolle sie Baden, zumal sie nach ihres Kindsbett noch nicht gebadet. Da er nun zeitig wiederkommen, sei er zu ihr in die Kindstube gangen und angefangen zu sagen: Behüts Gott wie Lug und zaust sich mein Schatz so fleißig. Darauf hat sie angefangen: Mein Schatz was buz ich mich. Geh doch eine ganze Woche schon im Haus ohne Kragen um. Und den halbseidenen Rock, welcher mir mein Schatz neulich hat machen lassen hab ich erst einmal oder zwei angehabt. Wanns mein Schatz mißfällt kanns ich auch bleiben lassen und die neu Kleidung in den Kasten heng. Darauf sey er wieder hinaus gangen und mit seinem Bruder Wolff Wilhelm ein Brett gespielt. Inzwischen ist es Essenszeit geworden, sey aber nicht zum Essen gangen, sondern gesagt sie wolle in der Kindstube bleiben und bald schlaffen leg. Des morgens ehe er aufgestanden, hat er wieder angefangen warum sie sich so putzen und zausen tue. Sie geantwort: Mein Schatz was tue ich mich den mehr putzen als sonst. Ich hab mich gebadet, weil mein Schatz nicht daheim gewesen und ich seit meinem Kindsbett mich nit mehr geschruppt hab. Darauf hat er das Tablett von sich geworfen und im Zorn aufgestanden mit den Worten. Diesmal hab ich noch mit meinem Schatz geschlaffen und immer mehr. Sey in der Stube zum Fenster gangen hab in den Hof geleicht und den Pferdknecht geschrien, soll ihm vier Reithpferd fertig machen. Sie hab im Zimmer keine anderen Gedanken gemacht, als er werde wieder ausreiten, sey aufgestanden und sich angefangen anzuziehen. Auf welches er bald wiederkommen und ihr den blutigen Hirschfänger auf beider Ehe- und Schafbett geworfen und gesagt: Da siehet mein Schatz, das ist um ihrend Willen geschehen. Darauf den Mantel genommen, und in beisein von Herrn Manderus das Geld aus dem Tüchlein, hinab gangen und davon geritten. Sie hat geschrien und geweint und mit den Kindern nachgegangen, aber zruckgewiesen. Sie die Kinder mit den Kindsmenschen in den Hof gehen und eine Fußfall tun heissen, daß er bleibe. Er hats aber wieder zruckgewiesen, sey aufgessen und davon geritten.

Zusammenfassung:
Wann?
Am Morgen des 30. November 1652

Wo?
In Burglengenfeld, im Kanzleigebäude im oberen Stock

Wer?
Wolfgang Adrian Freiherr von Spiering, geboren am 13.6.1620, gestorben am 4.3.1659 oder 1661; seit 8.3.1648 Landrichter und Pfleger zu Burglengenfeld, Landrichter zu Monheim, Oberststallmeister und Landmarschall, bei der Tat 32 Jahre alt, verheiratet mit Susanna Freiin von Thurn von Alt- und Neubeuern, 5 Kinder von denen zur Tatzeit bereits zwei verstorben waren.

Wen?
Wolfgang Wilhelm Freiherr von Spiering, Bruder des Täters, geboren 1.10.1627, bei der Tat 25 Jahre alt. Er wird bei einigen Autoren als Domherr bezeichnet. Jedoch sind in allen Protokollen keine Ehrenfloskeln – wie im Vergleich zu Herrn Manderus – verwendet, die einen Hinweis auf ein kirchliches Amt geben. 1984 veröffentlichte Peter Hersche eine Liste aller Mitglieder der deutschen Domkapitel im 17. und 18. Jahrhundert. In dieser Liste ist der Ermordete nicht enthalten. Auch wird er bei den obigen Autoren als Besucher seines Bruders bezeichnet. Hierzu läßt sich kein Hinweis finden. Vielmehr erscheint der Eindruck, als ob er seit einen längeren Zeitraum im Haushalt des Täters aufgenommen gewesen wäre.

Wie?
Mit einem Degen oder Hirschfänger, im ungleichen Kampfe, da nur der Täter bewaffnet war. Anmerkung: Der Hirschfänger ist eine 50 bis 70 cm lange, kalte Jagdwaffe. Der Hirschfänger wurde ausschließlich bei der Jagd zu Fuß eingesetzt, wobei ein von Hunden gestelltes oder krank geschossenes Tier mit einem Stich von vorn in das Herz getötet wird. Die Blütezeit des Hirschfängers war im 18. Jahrhundert bei der Feudaljagd. Danach meist nur noch repräsentativer Bestandteil der Kleidung. Im Jagdbetrieb wird heute der Hirschfänger nicht mehr verwendet.

Warum?
Aus unbegründeter Eifersucht
 

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