Von den Badeverhältnissen in Schwandorf

Das Ende der ersten Saison im wiedereröffneten Freibad lädt zu einer
Betrachtung der Badeverhältnisse in den vergangenen Jahrhunderten ein.

Im mittelalterlichen Schwandorf hat es zwei Badehäuser gegeben. Auch
wenn sich zwischenzeitlich die dritte Häusergeneration über diesen
Badhäusern erheben, so haben sich durch die Jahrhunderte hinweg die
Lage der jeweiligen Grundstücke nicht verändert. Daher kann der
Standort dieser wichtigen Einrichtungen genau bestimmt werden.

Das obere Badhaus (1) stand am Anfang der Spitalgasse und wird heute
unter der amtlichen Bezeichnung Nürnberger Straße 1 geführt. Das im
Jahre 1988 von Grund auf neu erbaute Haus birgt seitdem eine andere
öffentliche Einrichtung, Schwandorfs Notariat. (2) Als Eigentümer im
Jahre 1727 wird die Familie Obermeier überliefert. (3) Sie besitzt das
Haus mit Badergerechtigkeit, welches zwischen Melbinger und dem
Brauhaus liegt.

Diese Familie läßt sich in Schwandorf bis zum Jahre 1635
zurückverfolgen. Damals hat Leonhard Obermeier und seine Ehefrau
Margarethe ihr Kind zur Taufe getragen und ihm den Namen Leonhard
gegeben. (4) Am 20.11.1638 haben die selben Eltern einem weiteren Sohn
Namens Georg dieses Sakrament spenden lassen. Georg Obermeier wird bei
seiner Trauung am 24.5.1667 mit Maria Widmann als Bader bezeichnet.
(5) Sein Beruf hat ihm eine hohe gesellschaftliche Stellung und auch
ein gewisses Vermögen eingebracht. Denn er gehört zu jenen Männern,
die am 18.5.1678 an das Bischöfliche Konsistorium herantreten und um
die Erlaubnis zum Bau einer Kapelle, zu Gottes und der seeligsten
Jungfrauen Maria Lob und Ehre, auf dem Kreuzberg, bitten. (6) In einem
weiteren Schreiben versichern die Bittsteller: .. daß die Mittel (zum
Kapellenbau) flüssig würden, widrigenfalls sie mit ihrem eigenen
Vermögen einstehen wollten. Die Erlaubnis zur Grundsteinlegung wurde
am 8.6.1678 erteilt und der Name Georg Obermair auf dem Gedenkstein
für die Stifter festgehalten. (7)

10 Jahre später, am 11.5.1688, tritt sein Sohn Sebastian Obermeier,
gleichfalls Bader, mit seiner Braut, der Gerichtsschreiberstochter
Margareth Barbara Schönauer vor den Traualtar. (8) Da zur damaligen
Zeit auch die Hausübergabe an den Sohn üblich war, dürfen wir
annehmen, daß er 1688 auch das Badhaus vom Vater, anläßlich der
Hochzeit, erhalten hat. Doch die Geschäfte gingen zunehmend
schlechter. Die Ursache ist wohl kaum das kaufmännische Handeln,
sondern vielmehr die Angst vor der Franzosenkrankheit (Syphilis)
gewesen. Die Furcht der Bevölkerung vor der Infektion war groß und
daher schlossen die meisten Badehäuser für immer ihre Pforten. (9)
Sebastian Obermeier hat deshalb das Anwesen an Andreas Grabinger
verkauft (10), der das Gewerbe nicht mehr ausübte.

Das untere Badhaus (11) lag nur etwa 100 m südlicher. An seiner Stelle
erhebt sich heute ein zweigeschoßiges Wohn- und Geschäftshaus, das im
Erdgeschoß ein Elektrogeschäft beherbergt. (12) Der erste bekannte
Eigentümer ist der Bürger Hanns Bader der am Mittwoch nach St. Jorgen
Tag 1488 einen halben Gulden ewig Zins aus seiner Badstube, gelegen zu
Schwaingdorf in der Stadt zwischen der Stalhoferbehausung und der
Nider Müll, worauf er selber sitzt, dem Gotteshaus St. Vital zu
Etnsdorf verschrieb. (13) Die nächste Nachricht erhalten wir vom Bader
Johann Anton Vogler, Sohn des Johann Vogler, Bader, und seiner Ehefrau
Margarethe geb. Linhard. (14) Ihm gehört auch das Nachbarhaus, welches
die Familie als Wohnhaus benützte.

Die Badestuben dienten nicht nur der Körperpflege, es waren vielmehr
Mittelpunkte des geselligen Lebens. Die Reinigung des Körpers besorgte
gewöhnlich nicht der Badende, sondern der Bader oder seine Knechte und
Mägde. Nach dem Bad konnte man sich massieren, frisieren, rasieren
oder die Haare schneiden lassen. Auch kleinere Eingriffe wie
Aderlassen, Schröpfen oder das Ziehen der Zähne besorgte der Bader.

Der Betrieb in den Badstuben unterlag strengen
Reinlichkeitsvorschriften. Peinliche Sauberkeit der Wäsche und Geräte
war geboten. Bademäntel, Hand- und Kopftücher und Unterhemden mußten
nach einmaligem Gebrauch frisch gewaschen werden. Wegen des für die
Badenden unangenehmen Mundgeruchs war es dem Bader und Helfern
verboten, am Abend vor Badetagen Knoblauch, Heringe, Pfeffer oder
Zwiebel zu essen. (15)

Die Reichenbacher Badeordnung erzählt von den Öffnungszeiten. Sie
verpflichtete den Bader, alle Samstag ein Bad zu halten, und wenn am
Samstag ein Feiertag ist, muß er das Bad am Vorabend halten. Im März
muß er an drei Donnerstagen das Bad richten, und wenn auf den
Donnerstag ein Feiertag fällt, ist das Bad am Mittwoch abzuhalten.
Besondere Badetage waren auch die Tage vor den "hochzeiten", also vor
Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Damit der Badebetrieb reibungslos
abläuft, muß der Bader das Badegeschirr, die Badscheffel, die
Laugenscheffel und die Zuber bereitstellen und in Ordnung halten. (16)

Die Einrichtungsgegenstände dienten auch anderen Zwecken. Nach der
Schwandorfer Feuerlöschordnung sollen die Bader mit ihrem Gesinde und
Schäfflein dem Feuer zueilen und die übrigen Badschäfflein, die sie
daheimlassen, heraus vor die Thüre setzen. (17)

Da Johann Anton Vogler insgesamt viermal die Ehe geschlossen hat,
gestalteten sich seine Nachlaßverhältnisse als besonders schwierig.
Darum wurde am 28.8.1765 das Anwesen an den Wundarzt Johann Evangelist
Schindler verkauft. (18) Er betrieb das Gewerbe weiter, doch hatte der
Physikus über ihn nichts Gutes zu berichten. "Ferner ist hier auch ein
Bader, dem wegen Mangel an Kenntnissen, von höherer Stelle aus weiter
nichts, als Barbieren, Schröpfen, Klistieren und Aderlassen erlaubt
ist, der aber alle Verbote und Befehle nicht achtet, und gleich obigen
allen nur möglichen medicinischen Unfug treibt." (19)

Die Badergerechtigkeit nebst zugehörigem Anwesen ist am 1.10.1808 an
den Sohn Ignaz Schindler, Chirurg, und dessen Braut der
Händlerstochter Barbara Buchner übergeben worden. (20) In späteren
Urkunden wurde die Gerechtigkeit nicht mehr im Zusammenhang mit diesem
Gebäude genannt.

Die strenge Moral des 19. Jahrhunderts veränderte das Berufsbild
inhaltlich vom Badermeister zum Friseur oder Wundarzt. So begegnet uns
der Begriff "Bader" bei den Eigentümern des Anwesens Neubäckergasse 1
(21), hier im Zusammenhang mit Johann Leuzinger, approbierter Arzt und
Johann Evangelist Anton Arbeiter, Wundarzt und Geburtshelfer. Um die
Jahrhundertwende im Anwesen Friedrich-Ebert-Straße 17, (22) hier:
Alois Haas, approbierter Bader, Friseur und Zahntechniker. (23) Für
die Ausübung der Chirurgie waren akademisch gebildete Ärzte
vorgesehen. Dem Bader konnten hinfort nur noch geringfügige Geschäfte
in der Wundbehandlung überlassen werden, wenn er sich den
neugeschaffenen Bedingungen unterwarf. Er mußte einen sechsmonatigen
Ausbildungskurs in einer Krankenanstalt mitmachen, um ein approbierter
Bader zu werden. (24)

Im selben Jahrhundert wird von einer öffentlichen Badeanstalt in einem
geschlossenen Raum nicht berichtet. Auch das häusliche Bad beschränkte
sich meist auf einen hölzernen Zuber oder eine Waschschüssel, (25) und
auch nur um Hände und Gesicht naß zu machen. Die Bevölkerung hatte
sich des Badens entwöhnt. (26) Nur in den Sommermonaten war der Genuß
eines Vollbades in der Naab möglich. (27)

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bot zuerst der Bäckermeister
Kilian Andree ein öffentliches Bad in seinem Haus Marktplatz 4 an.
(28) Nach dem erfolgten Gebäudeumbau von 1908 nutzte er die Wärme des
Backofens um das Wasser und die Räumlichkeiten aufzuheizen. Die
technischen Einrichtungen in der gekachelten Badestube waren noch bis
zum Hausabbruch 1980 zu erkennen. (29)

1913 eröffnete die Stadt Schwandorf den Schlachthof an der
Ettmannsdorfer Straße. Neben dem Dienstwohngebäude (30) wurde ein 6
mal 12 Meter großer Anbau errichtet. Hierin war das Städtische Volksbad,
ein Wannenbad zur öffentlichen Benützung, untergebracht. 1921 (31)
hatte sich zu der Reihe der Badebesitzer auch der Metzgermeister,
Gastwirt und Hotelier Josef Lautenschlager gesellt, der in seinem
Hause, der Taferne zum goldenen Kreuz (32), ein öffentliches Bad
bereit hielt.

Ebenfalls 1913 ließ die Stadt in das Mädchenschulhaus ein Wannen- und
Brausebad einrichten. Diese Einrichtung solle dazu dienen, die
Schulkinder, welche nicht genügend reinlich in der Schule erscheinen,
durch die Schulhausmeisterin entsprechend reinigen zu lassen. (32a)

Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Badezimmer im privaten Wohnungsbau zur
Selbstverständlichkeit. (33) Die öffentlichen Wannenbäder hatten
ausgedient. Im Oktober 1982 verschwand im Zuge der Vorbereitungen zum
Neubau der Feuerwache an der Ettmannsdorfer Straße auch das Städtische
Volksbad. (34) An seiner Stelle erhebt sich nun ein Wohngebäude.

Der spürbare Mangel an einem Hallenbad in der Stadt Schwandorf wurde
juristisch am 9.4.1976 durch Rechtsverordnung der Regierung der
Oberpfalz beseitigt. (35) An diesem Tag ist die ehemals selbständige
Gemeinde Dachelhofen in das Gebiet der Stadt Schwandorf eingegliedert
worden. Zum Gemeindebesitz gehörte das Hallenbad, welches die
Gemeindeväter von 1973 bis 1976, nach mittelalterlicher Gepflogenheit,
am Ufer der Naab, errichten ließen. (36) Seit seiner Eröffnung wird es
auch von den "auswärtigen" Schwandorfer Bürger gerne benützt.

Bei den Vorbereitungen zur Sanierung des Freibades an der
Wackersdorfer Straße wurde dem Architekten zur Vorgabe gemacht, daß
ein späterer ganzjähriger Badebetrieb durch Überdachung der Becken
möglich sein soll. (37) Wann aus dem wiedereröffneten Freibad ein
Hallenbad wird, dürfte allerdings nicht nur eine Frage der Zeit,
sondern vor allem ein Problem der Finanzierung sein. Bis zum nächsten
Bauabschnitt dürfen wir uns jedenfalls über die ansprechende
Architektur und die gelungene Gestaltung der Freiflächen im
"Schwandorfer Erlebnisbad" erfreuen.

Ludwig Th. Weingärtner
 
 

1. Die Bezeichnung "obere Badhaus" wurde vom Verfasser so gewählt, da eine fortlaufende Numerierung der Gebäude noch nicht gebräuchlich war. Auch eine besondere Bezeichnung der Häuser, die eine Unterscheidung ermöglicht, ist in den Urkunden nicht zu finden. Das Wort "obere" drückt die geographische Höhenlage aus, da eines der beiden Häuser etwas höher liegt im Vergleich zum "unteren" Badhaus.
2. Stadtadreßbuch Schwandorf Ausgabe 1993 Teil 2 Seite 8
3. StA Amberg, Standbuch 880, Grundbuch der Stadt Schwandorf von 1727
4. BZA Regensburg, St. Jakob Schwandorf, Taufmatrikel Eintrag vom 31.8.1635
5. BZA Regensburg, St. Jakob Schwandorf, Trauungen
6. Dr. Otho Merl, 300 Jahre Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau vom Kreuzberg Schwandorf, 1979, S. 404 ff
7. Joseph Pesserl, Chronik und Topograpie von Schwandorf, 1866, S. 541
8. wie Nr. 5
9. Wohne im eigenen Heim 2/83 Seite 72
10. StA Amberg, Standbuch 881, 1. Lagerbuch für die Stadt Schwandorf, 1787
11. vgl. Nr. 1
12. Ludwig Th. Weingärtner, Konkordanzliste für die Häuser der Stadt Schwandorf, Manuskript, hier: Ettmannsdorfer Viertel - 88 - D 18 - Seelhausgasse 2 - Naabuferstraße 4 und Ettmannsdorfer Viertel - 90 - D 17 - Seelhausgasse 3 - PlNr. 355 erloschen
13. Joseph Rappel, Heimatbuch der Gemeinde Dachelhofen S 190
14. vgl. Nr. 3
15. Karl Bauer, Regensburg - aus Kunst-, Kultur und Sittengeschichte, 1988, S. 779
16. Gemeinde Reichenbach, 875 Jahre Kloster Reichenbach, 1993, Badeordnung S. 46
17. wie 7, S. 292
18. StA Amberg, Standbuch 885, Steuereinnhamen 1798 - 1804
19. Dr. med Christoph Schleiß von Löwenstein, Medizinische Ortsbeschreibung von Schwandorf, 1799, Nachdruck in: Für's traute Heim, wöchentliche Beilage zum Schwandorfer Tagblatt 1926, und Heimaterzähler 1952 bis 1954
20. StA Amberg, Urkataster 558
21. wie 12 hier: Ettmannsdorfer Viertel - 57 - C 35 - Neubäckergasse 1
22. wie 12 hier: Regensburger Viertel - 19 - B 17 - Friedrich-Ebert-Str. 17
23. Stadt Schwandorf, Alphabetisches Verzeichnis der selbständigen Einwohner der Stadt Schwandorf nach dem Stande vom 1.10.1912, S. 11, 41 und 43
24. Andreas Alt, Der Bader in: Die Oberpfalz, 1950 S. 169
25. Wohne im eigenen Heim 3/83 S. 72
26. wie 22, S. 170
27. Franz Sichler, Baden nur zu getrennten Zeiten erlaubt, in: Mittelbayerische Zeitung 16.7.1993
28. wie 21, S. 1 und 41
29. mündliche Auskunft von Josef Andree vom 21.8.1993
30. wie 12 hier: H 54 und H 55 und H 56 - Ettmannsdorfer Straße 32 und 34 - PlNr. 477
31. Stadt Schwandorf, Geschäfts- und Adreßbuch, 1921, S. 25
32. wie 12 hier: Ettmannsdorfer Viertel - 64 - A 28 - Marktplatz 29
32a. Stadtarchiv Schwandorf Nr. 42 Lit Sch - Mädchenschulhaus
33. Wohne im eigenen Heim 4/83, S. 24
34. Stadt Schwandorf, Feuerwache Schwandorf, Festschrift zur Einweihung der Feuerwache am 3.11.1984, 1984
35. Joseph Rappel, Neukirchen bei Schwandorf, 1977, S. 252 Der Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgerichtshof auf
Ungültigkeitserklärung der Rechtsverordnung wurde am 21.3.1977 abgewiesen.
36. Gemeinde Dachelhofen, Hallenbad Dachelhofen, 1976
37. Mittelbayerische Zeitung vom 18.7.1989
 

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