1. Die Lage
Als am 14. August 1504 der Ritter Ludwig von Eyb, während des Landshuter Erbfolgekrieges, die Stadt Schwandorf in Brand steckte, fand das Feuer bei den aus Holz gezimmerten Gebäuden reichlich Nahrung. Lediglich fünf, bereits aus Stein erbaute Häuser, widerstanden der Brandschatzung. (1) Die Stadtmauern hatten sich nur in der ersten Phase des Krieges bewährt. (2) So stieß der Ritter samt seinen böhmischen Söldnern auf keine Gegenwehr und er legte eine Stadt in Schutt und Asche, die sich gerade in völligem Umbruch befand.
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts (3) legte man den Grundstein für die Pfarrkirche St. Jakob, 1443 (4) folgte die Spitalkirche, von 1459 bis 1462 (5) wurde die Stadtmauer errichtet und ab 1470 (6) die Pfarrkirche erweitert.
Noch im 14. Jahrhundert lag das Zentrum der Ansiedlung im Bereich der Kreuzung Breite Straße, Ettmannsdorfer Straße und Brauhausstraße. Nachdem der Brückenzoll 1347 in den Besitz des Marktes Schwandorf übergegangen war, wurde der Entwicklung der Breiten Straße als Hauptstraße zum Marktplatz eine Zäsur gesetzt. Langsam drehte sich die Schmuckfassadenfront um die eigene Achse, und wandte sich von der heutigen Breite Straße zur Veste hin. (7) Die Baulücke zwischen Ansiedlung und Veste wurde mit der Anlage des heutigen Marktplatzes geschlossen.
Das Anwesen Breite Straße 29 zeichnet also in allen Zeiten eine recht gute Lage aus. Anfangs direkt am Marktplatz gelegen und nach dem wirtschaftlichen Wandel der Stadt in der Mitte eines Dreiecks zwischen Mühlenanwesen, Kastner und dem Ettmannsdorfer Stadttor. Es führte kaum ein Weg daran vorbei.
2. Die Anfänge im Licht der Geschichte
Dennoch liegt die Grundsteinlegung nach dem Stadtbrand und die anfängliche Entwicklung des Hauses im Dunkel der Geschichte. Mit der Steuerbeschreibung von 1727 erfahren wir den ersten Namen eines Eigentümers. Er lautet Johann Braun. (8)
Den Eintragungen der Kirchenbücher (9) folgend, war Johann Braun, ein Weberssohn aus Pfreimd, der am Montag den 22.4.1709 die Weberswitwe Maria Anna Catharina Leberwürstl heiratete. Maria Anna Catharina war eine geborene Melbinger und in erster Ehe seit 3.5.1706 mit Sebastian Leberwürstl verheiratet.
Da einem alten Brauch gehorchend, bei einer Heirat des Betriebsnachfolgers auch das Anwesen überschrieben wurde, möchte ich die beteiligten Personen etwas näher untersuchen. Johann Braun hat von auswärts in das Gebäude eingeheiratet, daher liegt das Augenmerk bei seiner Ehefrau.
Maria Anna Catharina Melbingers erster Ehemann, Sebastian Leberwürstl, kommt aus dem Anwesen Breite Straße 10. Sein Vater stammte aus der Pfarrei Kemnath und betrieb in Schwandorf ebenfalls eine Weberei. Der Vater schloß zweimal die Ehe. Zweieinhalb Jahre nachdem die Stiefmutter ins Haus zog, hat Sebastian bereits geheiratet und übersiedelte mit seiner Ehefrau ans andere Ende der Straße. Das Leberwürstl'sche Elternhaus ist an den jüngeren Bruder aus zweiter Ehe weitergegeben worden. (10)
Die Familie Melbinger selbst ist in Schwandorf bis ins Jahr 1585 zurückverfolgbar. Sie betrieben das Hafnerhandwerk, wurden anfangs als "vor dem Regensburger Tor wohnhaft" bezeichnet und sind 1630 in die Spitalgasse umgezogen. (11) Verwandtschaftliche Bande verknüpfen sie mit allen namhaften Familien der Stadt und die Söhne der Familie übernahmen öffentliche Aufgaben als Bürgermeister oder Senatoren.
Ob nun das Anwesen Breite Straße 29 aus Familienbesitz in die Hände von Johann Braun kam, ist damit nicht geklärt. Denkbar wäre auch, daß das Gebäude zur Existenzgründung von fremder Hand erworben wurde. Doch mit ihm zog unstreitig das Weberhandwerk ins Haus. Ein Gewerbe, das alle künftigen Generationen, die hierin geboren wurden, bis zum heutigen Tag prägte.
3. Die Lebensgrundlage
Die Textilproduktion nahm in Schwandorf eine bedeutende Stellung ein. Bei der Gewerbezählung von 1798 waren 21 Haushalte mit ihr beschäftigt. Sie unterteilten sich in 10 Weber, 9 Tuchmacher und je ein Loderer und Strumpfstricker. Weitere 9 Haushalte bezeichneten sich als Schneider und waren so mit der Weiterverarbeitung der Textilien beschäftigt. (12)
Der Loderer stellte ein derbes Wolltuch aus einheimischer Schafwolle her. Die Tuchmacher verarbeiteten gute Leinwand, aber auch feine importierte Schafwolle für Wollstoffe. Sie produzierten ebenso Mischgewebe aus Leinen und Wolle. Die Weber hingegen erzeugten nur derbes Leinen aus langen, guten Flachsfasern.
Das Klappern des Webstuhles durchdrang das Braun-Weberhaus. Dabei erzeugte dieser ein Tuch von etwa 83 cm Breite. (13) Die durchschnittliche Arbeitsleistung am einfachen Handwebstuhl des 18. Jh. betrug 20 Schuß (Einwerfen des Querfadens mit Hilfe des Weberschiffchens) in der Minute. Bei vorgefertigtem Webstuhl konnten theoretisch 83 cm mittleres Tuch oder 125 cm grobes Tuch in der Stunde gefertigt werden. Durch vorbereitende Tätigkeiten und Komplikationen während der Arbeit dürfte sich die tatsächliche Leistung verringern. Die effektive Tagesproduktion wird mit 8 Meter errechnet. (14)
Die Leinweber zählen zu den wichtigsten Handwerkszweigen überhaupt. In ganz Bayern war es üblich, die Dienstboten und Austragsleute außer mit Geld, Essen und Unterkunft auch mit Naturalien zu versorgen. Neben Schuhen vor allem mit Kleidungsstücken oder Stoffen. Durchschnittlich 8 Ellen Leinwarth (gut 6 Meter) gehörte in der Oberpfalz zum Jahreslohn. Dieser Wert konnte sich je nach Stellung im Haus oder Hof noch erhöhen. (15)
Außerdem benötigte man jede Menge Leinen für Hand- und Tischdecken, Bettwäsche, Pferdedecken und vor allem für Säcke zur Vorratshaltung aller Art. Fraglos also, daß Leinen das meist verwendete Textil darstellte, und da auch der robuste Stoff irgendwann verschlissen war, ein kontinuierlicher Bedarf nach diesem Material bestand.
4. Der Generationenwechsel
Johann Braun hatte also jede Menge Arbeit und dürfte dabei gute Geschäfte gemacht haben. Da er keine landwirtschaftlichen Grundstücke besaß, und damit keine weiteren Nebeneinkommen, mußte der Unterhalt für die Familie aus dem Gewerbe bestritten werden.
Die Familie war, allerdings für die Verhältnisse jener Tage, nicht besonders groß. Seine Frau brachte keine Kinder aus erster Ehe mit. Knapp ein Jahr nach seiner Eheschließung wurde die Tochter Maria Elisabeth geboren, die bereits fünf Tage später starb. Erst im zehnten Ehejahr gebar ihm seine Frau die zweite Tochter Maria Magdalena, die 1741 nach dem Tode des Vaters das Anwesen übernahm.
Da Maria Magdalena alleine nicht in der Lage war, die Wirtschaft zu führen, schloß sie am 16.1.1742 mit Johann Georg Dischner, ein Weber aus Mundshoff, (Münchshof Stadt Teublitz ?) die Ehe. Im Laufe der ersten zwanzig Ehejahren hat sie sieben Kinder geboren.
Die räumliche Nähe zum Ettmannsdorfer Stadttor prägte offenbar die wirtschaftlichen Beziehungen. Der Grundstoff für die Weberei, das gewergte Garn, wurde von den Bauern vermutlich aus Ettmannsdorf, Neukirchen, ja bis von Wiefelsdorf bezogen. Die Landwirte investierten viel Zeit bis sie das Garn zum Markt tragen konnten. Nicht nur, daß die Äcker vorbereitet und mit Flachs einzusäen waren, nach der Ernte begann die Weiterverarbeitung. Der Flachs mußte getrocknet, dann geräufelt, geröstet, nochmals getrocknet und gedörrt werden. Erst jetzt konnte man den Halm brechen, schwingen und hecheln. Nach diesem Prozeß war das Werg entstanden, das die Frauen und Mädchen nun zu Garn spinnen konnten. (16) Wenn die Bauern zum Viehmarkt nach Schwandorf gingen oder fuhren, dann fanden gewiß einige Spulen Garn ihren Platz im Rucksack. Die Landwirte wurden öfter von ihren Söhnen begleitet und so haben sich familiäre Bande gefügt und die Dischner-Töchter heirateten in den Süden unserer heutigen Stadt.
Anfang 1791 überschlugen sich die Ereignisse im Hause. Am 4. Januar hat der Sohn und künftige Erbe Georg Josef Dischner die Nagelschmidtochter Maria Catharina Roth geheiratet. Am 8. Januar mußte der Bräutigam seine Mutter betrauern und nur fünf Wochen später folgte auch der Vater ins Grab.
Bei der Erstellung der Besitzfassion beim königlichen Landgericht am 5.7.1808 gab der Leinwebermeister Josef Dischner zu Protokoll: Er besitzt ein gemauertes Wohnhaus mit Stallung, eine Weberprofession, ein Gärtl vor dem Ettmannsdorfer Tor und einen Acker bei der weißen Marter. All dies habe er von seinen Eltern im Wert von 700 fl. erhalten. Dazu habe er im Jahre 1800 einen Acker in der Trift um 425 fl. erworben. (17)
Aus dem ehemals grundstückslosen
Haus ist in zwei Generationen ein kleinbäuerliches Anwesen geworden.
Interessant ist, daß es nur eine Weberprofession besaß. Das
heißt, Josef Dischner persönlich war das Recht zur Gewerbeausübung
verliehen und mußte vom jeweiligen Nachfolger wieder neu erworben
werden. Anders verhielt es sich mit einem Realrecht. Der Besitz eines Hauses,
auf dem ein Recht lag, erlaubte automatisch die Ausübung des entsprechenden
Gewerbes. Diese in den Ehaften (Landrecht) niedergeschriebene Regelung
legte den normalen Bedarf der Bevölkerung fest. Durch die Realrechte
sollte es zu keiner Vermehrung der Betriebe kommen. Bei einer Bedarfsänderung
wurden Professionen ausgegeben, die ggf. auch wieder eingezogen werden
konnten. (18)
Quittungsbuch für Alexander Dischner über Malzaufschlag 1854
- 1870
Quittung für Georg Deglmann über Brandweinnachsteuer, 8.7.1880
Die Ehegatten Josef und Katharina Dischner hatten fünf Kinder miteinander. Josef Dischner erwarb 1812 einen Anteil an den Kommunbrauhäusern und wollte damit offenbar ein weiteres Standbein seines Gewerbefleißes aufbauen. Dazu ist es jedoch nicht mehr gekommen. 1815 ist er 62jährig verstorben. Seine Witwe führte noch fünf Jahre die Geschäfte. In dieser Zeit wurden die gemeindeeigenen Grundstücke verteilt. Durch Los erhielt sie einen Acker im Fischsee und einen auf der Trad. 57jährig gab sie das Anwesen in jüngere Hände.
Im Übergabebrief an den Sohn Alexander Dischner wurde der Wert des Gesamtanwesens mit 1.554 fl. angegeben. Auch er nutzte die ruhige Winterzeit, und schloß am 7. Januar 1821 die Ehe mit Margarethe Haller, einer Bauerstochter aus dem Steinhof in der Pfarr Wiefelsdorf. Sie gebar ihrem Gatten vier Kinder.
Alexander Dischner (auch Tischner) war um die wirtschaftliche Weiterentwicklung seines Anwesens sehr bemüht. Es ist ihm gelungen, die Weberprofession in eine reale Webergerechtigkeit umzuwandeln. Auch hat er im Laufe der Jahre mehrere Grundstücke hinzuerworben. Darunter das Nachbargärtl, vor dem Ettmannsdorfer Tor, das er bereits 1821 vom Hufschmied Hieronymus Rex (Friedrich-Ebert-Straße 10) kaufte. Dieses Grundstück erhielt später die PlNr. 327, wurde 1872 mit einem Stadl bebaut, der mit Ettmannsdorfer Straße 14 a beschrieben ist und in der weiteren Entfaltung des Unternehmens eine bedeutende Rolle einnahm. Im Zuge der Altstadtsanierung ist der Stadl 1981 untergegangen.
Mit seinem Anteil am Braurecht hatte Alexander jedoch nichts im Sinn. Dazu erklärte er 1843: "seine Lokalitäten sind zum Schänken nicht geeignet." (19) Im Alter von 68 Jahren überschrieb er Haus und Hof an sein jüngstes Kind Maria Barbara.
5. Unter neuen Namen
Nach 141 Jahren wechselte nun der Familienname. Maria Barbara heiratete am 5.2.1861 Georg Deglmann, einen Weber aus Pressath. Anschließend übertrug sie ihrem Bräutigam durch Ehevertrag den Gesamtbesitz. Georg Deglmann ist in die Schuhe seines Schwiegervaters geschlüpft und baute konsequent das Unternehmen weiter aus. Zunächst wird er wieder als wirklich brauender Bürger geführt. 1875 kaufte er das Anwesen Storchengasse 1, das er bereits 1880 wieder weiter veräußerte. Im Jahre 1886 ist es ihm gelungen von den Erben des Polizeidieners Georg Kemeter das Nachbarhaus in der Ettmannsdorfer Straße zu erwerben. Durch Neuvermessung wurde nun die Grundstücksgrenze um 10 Meter nach Süden verschoben. 1893 erstand er das gegenüberliegende Anwesen Breite Straße 22 und 1896 rundete das Anwesen Stadtmauergasse 2 den Besitz ab. Lange konnte er sich jedoch an dieser letzten Erwerbung nicht erfreuen, denn nur einen Monat später ist Georg Deglmann verstorben. 6 Kinder waren aus der Ehe hervorgegangen, von denen nur vier den Vater betrauerten. Zwei Kinder verstarben bereits im Säuglingsalter. Bei der Erbteilung erhielt die älteste Tochter Maria Anna das Anwesen Breite Straße 22, worin sie mit ihrem Ehemann Ernst Tiefenböck eine Drogerie betrieb. Die Witwe erhielt das Anwesen in der Stadtmauergasse und der Restbesitz ging an die zweite Tochter Barbara. Der Sohn Georg hatte studiert und wurde Arzt in Schmidmühlen.
Am Dienstag, den 20. August 1895 heiratete Barbara Deglmann den Gutsbesitzersohn Josef Anton Roidl. Drei Wochen später, am Freitag den 13. September, ist ihm durch Ehevertrag der Besitz überschrieben worden. Damit zog ein neues Geschlecht in dieses Haus.
Die Roidl in Schwandorf
1. Die Abstammung
Die erste urkundliche Nennung der Familie Roidl erfolgt in Bogenmühle - Kerschhoven in der Pfarrei Daßwang, Stadt Parsberg. Um 1700 wird Michael Ruidl als Müller auf der Bogenmühle genannt. Als Zeugen werden Georg Ruidl in Lupburg und Mathias Rödl, Schmied zu Nittendorf, erwähnt. Leider sind die älteren Kirchenbücher zur Zeit wegen Restaurierung nicht benützbar.
Für die Schwandorfer Abkömmlinge ist der Müller in Bogenmühle der Stammvater. Dieses Handwerk ist ebenso von den nachfolgenden fünf Generationen betrieben worden. über Deuerling und Schönhofen kam die Familie nach Schwandorf. Der Name war hier zu diesem Zeitpunkt nicht unbekannt. Die bereits ansässige Familie läßt sich bis 1623 in Irlach, Gemeinde Wackersdorf, zurückverfolgen. Eine verwandtschaftliche Verbindung zwischen beiden Familien konnte nicht festgestellt werden. (20)
2. Die Einheirat
Der Müllerssohn Johann Baptist Roidl, geboren zu Schönhofen, kam nach Schwandorf und heiratete am Donnerstag den 13. Februar 1817 die Müllerstochter Margarethe Bauer. Die Braut stammt aus den beiden Müllergeschlechtern Bauer und Dobmeier. Ihr Onkel ist Dr. Marian Dobmeier, Benediktinerpater und Professor in Amberg und Ingolstadt. Sie brachte auch die Wöhrmühle (Wöhrvorstadt 2) mit in die Ehe. Hierbei handelte es sich um die 1590 vom Bürgerspital errichtete eingängige Mahlmühle. Bereits 1808 wurde das Anwesen beschrieben mit einem ganz aus Stein errichtetem Wohnhaus, mit Stallung und Schupfe, dazu eine Mühle mit drei Gängen und eine Schneidesäge. Der Wert des Anwesens betrug 7.183 fl.
Johann Baptist Roidl übernahm die Aufgabe als Magistratsrat und ist mit Wirkung zum 1. April 1840 zum Bürgermeister der Stadt Schwandorf gewählt worden. Während seiner Amtszeit sind die beiden Brücken über die Naab, nach Krondorf, aus Granit hergestellt, und das Spitaltor 1847 als erstes der drei Stadttore abgebrochen worden. Der Arzt Dr. Josef von Baumann legte die Eglseesümpfe trocken und schuf die Grundlage für verschiedene Gärten. Die Friedhofskirche St. Salvator wurde renoviert und der Friedhof neu eingeteilt. Der Eisenwerksbesitzer Jakob Aign aus Fronberg begann erneut mit dem Eisenerzabbau am Weinberg. 1847 gab Johann Baptist das Bürgermeisteramt an seinen Cousin, den Mühlenbesitzer Hieronymus Stettner, ab.
Sieben Jahre später ist Johann Baptist 56jährig verstorben. Aus seiner Ehe sind elf Kinder hervorgegangen, von denen nur vier das Kindesalter überlebten. Diese Vier haben den Vater gemeinsam beerbt. Es waren Anton Franz, sein älterer Bruder Josef, kgl. Amtsgerichtsrat zu München, und die beiden Schwestern Maria Anna und die Bäckersgattin Kunigunda Scherl. 1856 ist die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt worden, aus welcher Anton Franz Roidl als Alleineigentümer der Mühle hervorging. Am 17. Mai 1857 führte er die Bäckerstochter Klara Fischer zum Traualtar. So richtig wohl haben sich die beiden vermutlich in ihrer Mühle nicht gefühlt. Denn am 28.5.1861 wurde das Eigentum an Josef Georg Weingärtner aus Münchshöfe umgeschrieben. Dieser war in dritter Ehe verheiratet und besaß aus allen Ehen ein munteres Völkchen
Kinder. Da er nur in den Schanderlhof (Münchshöfe 2) eingeheiratet hatte, und über die Straße sein Bruder mit der Schwester seiner ersten Frau lebte, zog er es vor, den Besitz mit den Roidl's zu tauschen.
Der neue Schanderlbauer, Anton
Franz Roidl, ließ das alte Wohnhaus abtragen und errichtete einen
Neubau. Zwei seiner Kinder sind noch in der Mühle geboren, weitere
sieben in Münchshöfe. Die Geburt eines der Kinder ist besonders
bemerkenswert. Am 28.12.1866 ist durch Kaiserschnitt ein Kind geboren worden.
Es erhielt nach den Aufzeichnungen im Kirchenbuch die Haustaufe und verstarb
sofort. Stadtpfarrer Andreas König vermerkte nur "anonym", daher ist
der Name und das Geschlecht des Kindes unbekannt. Insgesamt vier Kinder
von Anton und Klara Roidl sind in den Windeln gestorben. Die zweitgeborene
Tochter Anna heiratete den Eisenbahnassistenten Ferdinand Spandau und bekam
den Schanderlhof überschrieben. In zweiter Ehe nahm sie den Braumeister
Simon Dischler zum Mann. Den Schanderlhof hat sie an Andreas Kebbel verkauft
und mit dem Erlös das Anwesen Augustinstraße 1 erworben, das
später als Rosenkranz-Schreiner-Haus in die Geschichte
der Stadt einging.
Der jüngste Sohn Anton Maria Roidl hat die Heimat verlassen und suchte sein Glück in Amerika.
3. Der neue Stammsitz
Der Sohn Josef Anton Roidl heiratete die Weberstochter Anna Deglmann und zog in das Anwesen Breite Straße 29. In der nur dreijährigen Ehe gebar ihm seine Frau zwei Kinder. Bei der Geburt der Tochter Anna Barbara Clara ist sie im Kindbett verstorben. Am 28.5.1898 nahm Josef Anton die Goldarbeiterstochter Klara Schreiner zur zweiten Frau. Bei der Trauung gab er als Beruf Bierbrauer an. Um diese Zeit erteilte die Stadt Schwandorf auch das Brandweinschankrecht an ihn. Die Aktivitäten bei der Bierproduktion und beim -vertrieb wurden immer mehr verstärkt. Am 24. September 1911 wählte man Josef Roidl als Ausschußmitglied in die Communbraugesellschaft. In seinem neuen Amt bemühte er sich um die Renovierung der Braugebäude. Die Modernisierung der Brauanlagen, insbesondere der Einbau von elektrischem Licht, durch die Firma Kirndorfer, lag ihm besonders am Herzen. Dazu gab er der Braugesellschaft ein Privatdarlehen von 2.000 Mark und finanzierte damit den Umbau zu rund einem Drittel. Bis 1914 konnte das Gremium fest mit seiner Mitarbeit rechnen. (21) Im Einwohnerverzeichnis der Stadt Schwandorf von 1912 wird das Anwesen Roidl als ordentliche Kommunbrauwirtschaft mit aufgezählt. Gleichzeitig betrieb er im Hause ein Schnitt-, Weiß- und Wollwarengeschäft. 1913 hat Josef Roidl seinen letzten Sud gebraut und konzentrierte sich fortan auf den Textilhandel. Um den Verkauf der Meterware zu unterstützen, nahm er eine selbständige Kleidermacherin und Näherin ins Haus. 1926 setzte der Tod seinem Schaffen ein Ende. Seine Witwe führte noch 6 Jahre die Geschäfte bis sie 1932 den Besitz in die Hände des Sohnes Josef August Maria gab.
Nach schwierigen Verhandlungen
über den elterlichen Nachlaß mußte in den ersten Jahren
seiner Geschäftstätigkeit ein finanzieller Aderlaß verkraftet
werden. Kaum war dies überwunden, rief ihn das Vaterland zu den Waffen.
In den Jahren 1939 bis 1947 führte der Krieg und die anschließende
Gefangenschaft Josef August Maria in die Fremde. Die Last des Geschäftes,
und dazu noch die Erziehung von drei Kleinkindern lag nun auf den Schultern
seiner Ehefrau Karolina, die er 1936 in der Kirche St. Kassian zu Regensburg
geheiratet hatte. Schwandorfs schicksalsschwerster Tag, der 17. April 1945,
markiert auch den Tiefpunkt des Textilgeschäftes. Zwar ist das Gebäude
selbst von der Bombenlast verschont geblieben, doch alle Fensterscheiben
gingen zu Bruch. Die Familie suchte Schutz in ihrem Felsenkeller an der
Fronberger Straße. So war Tür und Tor geöffnet und Plünderer
trugen alles davon was sie nur tragen konnten. Nach dem Einmarsch der Amerikaner
wurde das Gebäude von diesen beschlagnahmt. Die Besatzer richteten
hier eine Geschäftsstelle der U.N.R.R.A. ein. (United Nations Relief
and Rehabilitation Administration; von den Alliierten des 2. Weltkrieges
gegründete Organisation zur internationalen Hilfe für die befreiten
Völker - die Organisation ist Ausgangspunkt für die
FAO, WHO und UNICEF) Verpflegung
und Bekleidung wurde nun an die hilfsbedürftige Bevölkerung verteilt.
Erst ab der Währungsreform im Juni 1948 konnten die Eigentümer
wieder über ihr Anwesen verfügen. Josef August Maria steckte
seine ganze Kraft in den Wiederaufbau des Geschäftes. Sobald er etwas
Geld beisammen hatte, konnten ab 1953 mehrere kleine Umbauten vorgenommen
werden. Mal mußte eine Mauer weichen, um den Geschäft mehr Platz
zu bieten, dann wurde wieder ein Schaufenster vergrößert, um
sich nach außen repräsentativer darzustellen. Das Stadtadreßbuch
von 1955 zeigt die Fülle der Waren an. Bettfedern und Daunen, Damen-,
Mädchen- und Herrenbekleidung, sowie Kurz- Weiß- und Wollwaren
wurden angeboten. 1958 erfolgte ein größerer Umbau des Gebäudes,
der das Geschäft auf den neuesten Stand brachte. 1972 war für
Josef August Maria und seiner Ehefrau Karolina die Zeit für den Ruhestand
gekommen und das Geschäft in die Hände ihres Sohnes weiterzugeben.
Erwin Ernst Josef Roidl und seine Ehefrau Brigitta Ruth bilden die dritte Roidl-Generation in diesem Hause. Sie haben 1968 in der Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberg die Ehe geschlossen. Den bisherigen Höhepunkt ihres Gewerbefleißes bildet die teilweise Errichtung eines Neubaues. Der einst vom Polizeidiener Kemeter hinzuerworbene Gebäudeteil wurde vollständig abgebrochen und von Grund auf neu errichtet. Die Angebotsfläche für die Oberbekleidung konnte so verdoppelt werden. Gardinen und Stoffe fanden im Untergeschoß ihren Platz, die Kinderabteilung zog in den ersten Stock. Neben der Sorge ums Geschäft und die Erziehung der beiden Kinder Christina und Michael fand Erwin Roidl noch Zeit für den Kanuclub Schwandorf. In den Jahren 1980 bis 1992 stand er dem Verein als 1. Vorsitzender zur Verfügung. Dann wollte er auf eigenem Wunsch vom Vereinsleben in den "Ruhestand" treten. Doch daraus wurde ein Unruhestand, denn die Enkeltochter Karolina hatte sich angemeldet.
Zum 100-jährigen Geschäftsjubiläum der Roidls und zu fast 300 Jahre Textilgewerbe im Hause kann man den vier Generationen, die heute unter dem Dach des Hauses Breite Straße 29 leben und arbeiten, nur gratulieren und auf den Fortbestand der Tradition hoffen.
1. Pesserl Josef S. 256
2. Spindler Max, HdBG III 2
S. 1297
3. Pesserl Josef, S. 212
4. 1966 bei Bauarbeiten aufgefundene
Grundsteininschrift
5. Rappel Joseph: Mauern, Türme
und Tore
6. Kirchenführen St. Jakob,
S. 2
7. Dr. Klitta Georg: Schwandorfs
Wahrzeichen, S. 2
8. StA Amberg 9. Bisch Zentralarchiv
Regensburg
10. Kirchenrechnungen St. Jakob
und Steuerbeschreibung 1727
11. wie Nr. 10
12. wie Nr. 2, S. 561
13. Schremmer, Wirtschaft; Der
Oberpfälzer Webstuhl hatte eine durchschnittliche Normalbreite von
einer bay. Elle sind 83 cm.
14. Beck Rainer, S. 585
15. wie Nr. 14, S. 273/4
16. wie Nr. 14, S. 279/80
17. StA Amberg 18. wie Nr. 14,
S. 632/3
19. Stadtarchiv Schwandorf -
Kommunbrauwesen
20. StA Amberg Musterungsbuch
21. wie Nr. 19
Abstammung Gillitzer - pre nobilis de Thann ?
Auf Wunsch prüfte ich die Abstammung der Familie Gillitzer. Die Wurzeln reichen zurück in das Jahr 1713 und liegen in der Stadt Oberviechtach. Die älteren Kirchenbücher sind nicht mehr greifbar, da sie durch ein Brandunglück vernichtet wurden. Zunächst erscheinen zwei Trauungen von zwei Metzgersöhnen. Die verwandtschaft zueinander läßt sich nicht zweifelsfrei feststellen. Für Klara Schreiner geb. Gillitzer ist Johann Michael Gillitzer, Metzger zu Oberviechtach, der Stammvater. Sein Sohn Johann Martin, gleichfalls Metzger, gehört zu den beiden Erstgenannten. Im Laufe von ca. 80 Jahren hatten die beiden Metzgersöhne rund 100 Nachkommen mit dem Namen Gillitzer. Dies erklärt die heutige starke Verbreitung der Familie. Da die zahlreichen Kinder häufig den selben Vornamen getragen haben, ist die Zuordnung sämtlicher Nachkommen besonders schwierig. Ich verzichtete daher darauf.
Johann Martin Gillitzer schloß zweimal die Ehe. Am 3.2.1729 in Oberviechtach mit der Händlerstochter Maria Margarethe Zollwein, und am 15.11.1735 in Rötz mit Eva Magdalena Götzer. (Götz?) Der Sohn aus erster Ehe, Johann Michael, geboren in Oberviechtach und wohnhaft sowohl in Oberviechtach als auch in Rötz, hat es zu einem besonderem Reichtum gebracht. Er wird als Schwanenwirt bezeichnet, später als Bürgermeister und als Käufer der Herrschaft Thann. Die Erbteilung unter den neun lebenden von 14 Kindern brachte das Schloßanwesen zum Verkauf.
Eine adlige Abstammung konnte nicht festgestellt werden. Auch eine Abstammung aus "dem Recht der ersten Nacht" ist anhand der Familiengeschichte nicht nachweisbar.
Am 21. August 1994 habe ich den Ort Thann besucht und wollte das Schloß besichtigen. Dort traf ich einen älteren Mann, den ich nach dem Schloß befragte. Er erklärte mir: Er sei 70 Jahre alt und habe Zeit seines Lebens kein Schloß in Thann gesehen. Lediglich in seiner Kindheit habe man ein Stück Mauer als Gartenmauer vom Schloß bezeichnet. Er führte mich daraufhin zu einem kümmerlichen Haufen Sandsteine, welche in einem Garten an der Straße lagen. Dort erklärte er: Dies sei die Schloßmauer. In seiner Kindheit war es noch eine richtige Mauer. Aber im Laufe der Jahre sind immer mehr Steine herabgefallen, und zuletzt habe der Nachbar einen großen Teil der Steine als Fundament für seinen Stadlneubau abgetragen.
Ich fragte nach, ob es im Dorf einen größeren Hof oder ein Gut gäbe. Daraufhin erklärte er mir, daß alle Bauern etwa gleich groß wären. Gewiß sind Größenunterschiede, aber vom Durchschnitt weicht keiner so stark ab, daß man ihn als Gut bezeichnen könnte. Lediglich der Wald, der sich hinter dem Dorf den Berg hinauf zieht, ist im Besitz aller Bauern mit einem etwa gleich großen Flächenanteil. Er äußerte daraufhin die Vermutung, daß das Schloßgut wohl unter den Bauern aufgeteilt worden sei.
Anschließend fuhr ich nach Rötz weiter um das Schwanenwirtshaus aufzusuchen. Ich fragte einen älteren Mann, der auf einer Bank vor seinem Haus saß. Er erklärte mir: Bub' da hättest vor 20 Jahren kommen müssen. Heute ist vom Gillitzer - Wirtshaus nichts mehr da. Es war einmal in dem Haus gegenüber der Kirche, dort wo sich nun eine Geschäftsstelle der Zeitung befindet.
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zu Thann - Geschichte bei www.notthafft.de